Die biblische Geschichte von Jona und der Walfisch soll gewissermaßen als Archetyp der Usurpation, der Einverleibung angesehen werden. Diese Einverleibung spiegelt das Verhältnis zwischen unserem Ich und der Außenwelt wider, so wie wir Nahrung zu uns nehmen müssen, um unser Überleben zu sichern. Doch war das Einverleiben bei der Entstehung erster Zellen, denen alles Leben vorausgeht, noch wichtiger und weitgreifender, als die bloße Nahrungsaufnahme. Durch geschicktes Einverleiben (Endosymbiose) anderer funktioneller Lebewesen bildeten sich erst die ganzen spezifischen Zellkompartimente, die jeweils ihre bestimmte Funktion ausführen konnten, aus. Konnte die Zelle ein Problem nicht lösen, wurde eben das Einverleibt, was den Mangel zu kompensieren vermochte. Weiß man etwas nicht, so internalisiert man Bücher, um zu lernen usw.
Jona wird vom Walfisch verschlungen und einverleibt, dieses Ereignis sollte Thema des Bildes werden, doch mit umgekehrten Vorzeichen. Nicht der Wal verschlang Jona, sondern umgekehrt:
Die Erkenntnis, dass man etwas nicht ist, oder etwas nicht kann, führt protosymbolisch zum rüdesten Einverleiben des Externen, um eben all das zu sein und einsinnig zu besitzen, was man eben nicht ist, dachte Jona und verschlang den Wal.
Technik / Material: Pigmente mit Acrylbinder, Kupferblech mit Flammfärbung auf MDF-Platte
Entstehungsjahr: 2021