Der Mensch findet sich in der Natur vor und beginnt etwas aus vorgefundenen Bedienungen zu machen, denn das Machen erst, ist die Erdung, die ursprünglichste Form von Interpersonalität und Bezugnahme zu dessen was vorgefunden wird.
Und er beginnt zu machen und zu tun.
Er macht und tut und weiß nicht.
So machet doch alle!
So tut doch alle!
So tut dies zu meinem Gedächtnis!
Aber was soll man denn machen und zum Gedächtnis tun?
Zumindest etwas!
Etwas ist immer besser als Nichts.
Etwas, wie du gleichgültiger Mensch das Sein nennst, stellt immer eine Positivität dar, ein Potential, etwas was da ist, egal was da ist.
Vorhandenes ist immer positiv und nur die natürliche Zahlen sind und sie sind immer positiv.
Natürliche Zahlen sind Ausgeburten ihrer naiven, taktilen Erotik des Zeigens und Zählens von Gegenständen, die sie benennen, mit tausenden von Namen, wie auch Rumpelstilzchen tausendfach benannt wurde.
In ihrem Deutlichkeitszwang zeigen sie auf alles, und alles worauf sich zeigen lässt wird benannt. Die Unschärfe des Zeigens auf Gegenstände nimmt mit der Entfernung immer mehr zu.
So zeigen sie immer nur auf Nahes, auf diskrete, definite, wohlunterscheidbare Entitäten, aus Angst vor der Unschärfe, die in der Entfernung zunimmt.
So bleibt ihnen Unbekanntes, Neues verwehrt, denn alles was sie sagen können, muss zeigbar sein.
Somit wurde noch nie gesagt, was du sagen willst, da du es nicht sagen kannst und auch nicht willst. Du kannst nicht einfach darauf zeigen.
Und worauf man nicht zeigen kann,
darüber muss man schweigen, so sagen sie.
Doch sie schweigen nie.
Sie schweigen niemals.
Sie rufen in Sprachen, die weder geschrieben noch gelesen werden können.
Und dennoch rufen die dyslexischen Legastheniker verzweifelt in Sprachen und können es nur wörtlich nehmen, so wie geschriebene Farben für Blinde in ihrer Farbenstutzigkeit auch nur wörtlich genommen werden können.
Und trotzdem sammeln sie alles in Bibliotheken von Büchern aus Papier gefällter Wälder.
Und sie sind selbst die Förster dieser Wälder.
Und sie sind selbst die Förster dieser Bücher.
Und sie, die gleichen, brannten auch die Bibliothek von Alexandria nieder.
Denn Köhler tun und machen nur.
Und sie zeigen auf alles, was der Fall ist.
Und sie machen und tuen.
Sie deklinieren alle Fälle, die möglich sind und eintreten können.
Sie konjugieren ihre Tunwörter immer weiter, bis alle Personen im Singular und alle Personen im zusammenfassenden und uniformierenden Plural konjugiert wurden.
Alle stammeln Wortneuschöpfungen in Sprachen ohne Semantik, die noch niemand sprechen lernte. Manche zeigen auf das Selbe und nennen es verschieden.
Alle stammeln nach neuen Silben und streiten sich darum. Doch die Laute sind begrenzt und deine Worte sind von ihnen gezählt; es gibt ihrer nicht unendlich viele.
So wiederholen sie sich immer wieder.
Und sie wiederholen sich immer.
Sie müssen sich wiederholen.
Begriffsstutzig rufen sie manchmal „Wo?“ und erhalten als befriedigende Antwort ein „Da!“ Satzlose Kommunikation ohne Interpunktion inmitten des Zeigens auf etwas. Jeder Gegenstand bekommt seinen Eigennamen und wird getauft und sie, sie sind die Täufer und Schöpfer von binären Nomenklaturen, die es nicht gibt.
Und ihre Namen selbst sind nichts weiter als binäre Nomenklaturen, bestehend aus Vor- und Nachnamen. Doch einerlei, ihre bloßen Namen strahlen bereits eine absolute Überheblichkeit aus; die Borniertheit des Menschen.
Sie formen arbiträre Selbstlaute, Zwielaute und Zischlaute, denn nur was gut klingt wird gesprochen.
Doch du kannst ihr Machen nicht begreifen.
Und so haben sie fast alles gemacht, aber nichts ist geschehen.
Die Erfüllung des Lebens, das erlangen eines verweilenswerten Augenblicks,
denaturiert die Welt.
Natur wird zu denaturierter Kultur und es gibt nunmehr Landschaft, Natur aber nicht mehr. Das Wahrnehmen tangiert nur mehr die Landschaft als entfremdete Natur. Die Wahrnehmung ist oberflächlich, denn die ganze Welt besteht nur aus Oberflächen. So ist jede Interaktion des Menschen, eine Interaktion mit Oberflächen. Denn nur eine Oberfläche kann erwiedern.
Seine Person, sein Ich kann nur bestehen, indem es Erwiederung erlangt.
Ein bidirektionaler Beweis seiner Existenz. Der Mensch beweist sich selbst im Stoßen auf Gegenständen und Oberflächen mit seinem Körper. Er liebt seinen Körper und die Kopulation beim Stoßen auf andere Körper.
Du aber betrachtest dich selbst, redest über dich und denkst, als ob du nicht zu dir gehören würdest. Du erlangst keine Erwiederung, du wirst entpersonalisiert.
Du bist das, was dich trennt und nicht was dich bildet und formt.
Der Waldläufer nimmt den Wald erst war, wenn er sich stößt. Stößt er auf keine Oberfläche, wie kann er dann behaupten, dass er ein Waldläufer sei? Wo ist der Wald und seine Bäume worauf er stoßen muss, wenn er denn ein Waldläufer ist?
Die Welterfahrung für ihn ist aufgrund seines Bezugsschemas immer negativ.
Der Wald beginnt nämlich da, wo sein Gehen durch Bäume behindert oder vereitelt wird. Er erlebt sein Leben und die Wirklichkeit immerzu als die Gesamtheit von Stellen im Wald, die nicht begehbar sind. Sein Leben ist durchdrungen von Negativitäten und voll von Erfahrungen des Widerstandes, des Gehemmtwerdens, und des Scheiterns.
Und sie werfen ihn immer wieder vor, so negativ zu denken und zu sein.
Aber als was sollte er sein Leben im Wald denn sonst wahrnehmen?
Das Stoßen verursacht einen tiefen onthologischen Schmerz in dir, jegliche Konfrontation mit der Außenwelt schmerzt. Und weil der Schmerz tief in dir sitzt, tust du was du im Leben tust, nicht für dich.
Doch die Außenwelt ist nur die Erwiederung deiner Selbst in Bezug zu den Gegenständen, die Oberflächen sind. Und die Welt drängt sich auf, mitten durch dein Ich. Und überall sind Gestalten von Gegenständen. Du siehst sie erst im Gegenlicht der Gegenstände. Und es ist deine ganz besondere Weise der Welterschließung.
Doch sie sind die Förster mit der Axt in der Hand und haben alle Bäume im Wald gefällt und ihre Holzprügel werden von den Köhlern verkohlt. Doch sie sagen, sie würden doch nur tun und machen. Und ein Waldläufer könne im Wald nicht laufen. Das Gehölz sei im Weg und nur hinderlich und das Unterholz sei wertlos und störend. Der Wald müsse gereinigt werden. Doch du kannst ihre Wohltaten und Ertüchtigungen nicht begreifen.
Du kannst dich nicht mehr selbstbehaupten, sie fällen und verbrennen deine Eigenkonstitution und du siehst nur mehr den Rauch deiner baumlosen Wälder, der stets nach kälterm Himmel sucht und allmälich aufsteigt, bis wo das zerstiebte Licht des blauen Himmels langsam in die schwarze Leere des angrenzenden Weltenraums überzugehen beginnt. Du warst ein Waldläufer und wirst es nicht mehr sein können. Einst von den Zwischenräumen des Gehölzes lebend, dein persönlich existentieller Mesokosmos, der dir Form gab. Dein Lebensraum wurde dir von ihnen genommen und du, du bist deplaciert. Die große heimatliche Landnahme.
Vor dir, die anmutigen Hirsche der Urzeit, mit ihren riesengroßen Geweihen. Auch ihnen wurden die Bäume genommen. Sie suchen vergeblich nach ihren Wegen durch den Wald und finden sie nicht mehr. Einst gingen sie auf ihren Pfaden, geleitet durch die begrenzenden Bäume, die richtungsweisend waren. Sie lebten von der Viabilität ihrer Pfade durch die Bäume. Ihr Leben war viabel, so wie dein Waldläuferleben auch viabel war. Doch sie nahmen dir die Viabilität deines Lebens. Nun werden die Urzeithirsche aufgrund ihres riesengroßen Geweihs aussterben. Sie sterben aus, da die Köhler auf das schöne, große Geweih der Hirsche aufmerksam wurden. Bislang wussten sie nicht, dass es in ihren Wäldern auch Hirsche gab. Denn ihre Arbeit ist nur das Verkohlen, das sie immerzu tun.
Und sie tun es immer.
Aufmerksam geworden auf die wunderschönen, riesengroßen Geweihen, will nun jeder Köhler seine Trophäe. Und jeder Köhler hat seinen Hirsch und er ist der Waidmann. Und sie weihen die Geweihe mit ihrem Rauch der Kohlemeiler, in der das Holz verschwelt. Ihre Hände mit Brandnarben reichen die Geweihe weiter, denn nur die Geweihe sind heilig.
Überall liegt nun das tote, schale Fleisch der Hirsche herum, die mit Äxten enthauptet wurden.
Und die Paleontologen haben bereits Erklärungen, wie der riesige Urhirsch ausgestorben sei. Es war der immer dichter werdende Wald, der dem Urzeithirsch zum Verhängnis wurde und die evolutionäre Entwicklung seines Geweihs mit riesengroßer Spannweite, dass ein Durchkommen im Wald unmöglich machte.
Und die Biologen haben bereits Erklärungen, wieso die Bäume starben. Es war der parasitäre Pilzbefall des Hallimasch.
Keine Brunftgeschreie mehr und die Hirschkühe lauschen tagelang, gespannt mit ihren Lauschern in den baumlosen Wald. Doch nirgendwo ein Brunftgeschrei. Und sie, die normaler Weise nur lauschen, beginnen selbst zu röhren.
Und ihr Röhren tosd und hallt über die heterogenen Stümpfe gefallener Bäume.
Ein verzweifeltes Rufen der Letzten ihrer Art.
Die stammesgeschichtliche Phylogenese stagniert und alsbald auch die Ontogenese der rufenden Hirschkühe. Und sie sterben zweifach: Ein Sterben der letzten Individuen und ein Sterben einer ganzen Art.
So höre doch das klägliche röhren der Hirschkühe. Du weißt, dass es vergeblich und sinnlos ist, doch sie wissen es nicht. Sie haben sich selbst verloren und sind auf sich selbst zurückgeworfen. Die Sonne sinkt am gesellschaftlichen Bedeutungshorizont und Artemis spielt in Neumondnächten die schönsten Trauerlieder für die sterbenden Hirsche. Übrig bleiben nur die verzweigten und verästelten Geweihe, die nun den Köhlern gehören. Ihr Mimikri erinnert noch an den Wald, der nunmehr voll von Leere ist.
Und die Köhler sitzen zusammen bei Tisch und über Ihnen hängen ihre Trophäen. Sie zählen mit ihren Zeigefingern die Enden der Geweihe und rufen „Achtender“ und „Zehnender“ und „gerade“ und „ungerade“ und „Kronenzehner“ und „Eissprossenzehner“.
Und sie erzählen ihren Kindern Geschichten, wie es einstmals viele Hirsche gab in ihrer Gegend und schöne dichte Wälder mit Fichten und Lärchen. Und die Kinder hören zu und schauen mit tiefen Augen. Mit tiefen Augen, die von nichts wissen.
Du lauscht innig in die tosende Stille und das Lebensgefühl setzt ein. Nach dem Schweigen tritt endlich wieder Ruhe ein. Du hörst dein luftloses Atmen in dich hinein. Deine Wahrnehmung macht keinen Sinn mehr, denn es ist unmöglich wahrzunehmen, ohne dass da etwas wäre, das wahrgenommen wird.
Alle Bäume wurden gefällt, da Bäume immer gefällt werden.
Du beachtest deine aufgeraute Haut, die von den rauen Rinden der Bäume aufgeraut wurden. Übrig bleibt nur der dumpfe Schmerz als oberflächliche Empfindung, fast noch fader und die Narkotisierung deiner Empfänglichkeit. In individueller Gelämtheit bleibst du stehen, vor dem erst besten Gegenstand, der in der Gegend stand.