Das Wiedererwachen vielfach vollzogener Individuationen, lässt dich inhaltslos am Fluss innehalten und in radikal einsamen Ergießungen, die Zersplitterung der Dunstscheibe auf der knitternden Wasseroberfläche beobachten. Sanft kräuselt sich die glazial zerknirschte Sonnenmilch, verminderter Fließfähigkeit, um eine Steinmonade im Zentrum des bleiernen Flusses und fluktuiert in blendend, offenen Koloraturen efferent Richtung Ufer. Ein ungefundener Findling im Kontinuum des Strömens, die in weiche Form gepresste Urzeit, erzwingt ein leises Plätschern, fast ein Lächeln.
Und andauernd das Knirschen der sandigen Köcherfliegenlarven unter deinen Schritten.
Und wie immer drückt kinetisch Wasser deine Fersen,
das umfließend, formend dein vertikales Äußeres erkennt.
Das Schotterwerk auf der anderen Seite des Stausees entreißt dich aus deinem Eingedenktsein in deine selbstverschuldete, anthropofugale Unumgebenheit, durch den diffamierenden Lärm der sich zurufenden Arbeiter.
Immer wieder übertönen Wortfetzen den lauten Gebirgsbach.
Immer wieder kommt das Gefühl hypersensibler Betroffenheit auf.
Meinen sie dich etwa? Waren es die Männer, oder war es doch nur das missverständliche Murmeln des Flusses? Beobachten sie dich?
Tinnitus. Das Lebensgefühl setzt ein.
Waren sie es doch, die dir deine Heimat unerträglich machten.
Doch vertraue der Weisheit deiner Kindheit, obgleich die Zeit der großen, unersättlichen Müdigkeit kommen wird.
Doch du betrachtest lieber die Wellen, die einander löschen,
wie deine Erinnerungen,
die es nicht gab,
wie sie sagten.

Das Schotterwerk entwendet dem See seinen weißen Löschkalkkies und seinen Flussspat.
Und sie rufen sich untereinander zu, im Lärm der Schottermühle und sagen wie immer: „Stille Wasser sind tief.“
Und überall die Präpotenz der Ignoranz.
Noch nie sang eine Stimme aus solchen Tiefen, nur die Mnemosyne singt dir das schönste Wiegenlied. Du stehst am Tripelpunkt der empedokleischen Elemente, an vollkommener Unterbestimmtheit definiter Aggregatzustände, im stoischen Plasma vollkommener Einsamkeit, alleine in der nicht tangierenden Leere sinnvoller Impenetrabilität;
Taleinwärts,
talauswärts,
in der Talsohle, wo die Menschen wohnen.
Die metastasierende demütige Hingabe des Flusses in die fluide Vollzähligkeit des anthropogen gestörten, gestauten Sees im Schoße des Talschlussberges, wo die schwebende Trübung endlich sinkt.
Und überall Schwebefliegen die sinken, im abendlichen Versinken der Welt.
Und überall Stechmücken, die nicht stören
und die sinken,
auf die Oberfläche des Sees, wo sie die spitzmündigen Lippen der Forellen küssen.
Eine fade oberflächliche Empfindung seichter Dünnromantik antiwissenschaftlicher Rührseligkeiten divinatorischer Szientisten unter deiner Haut.
Die vierblättrige Radialsymmetrie der Einbeere verkündet die komprimierte Nullität des in sich kollabierenden Ichs.

Er durchschreitet schrägaufwärts eine weiße Sumpfgraswiese. Kniehoch sind die Grasblütenstände im moorweichen Boden. Der Geruch der deodorierenden Bärenklauen erfüllt die Luft. Vereinzelt- Schwarzer Holunder und Täublinge mit ihren brüchigen Lamellen. Bis zu den Erlenbeständen und Weiden, die Propheten des gefestigten Bodens, die die Erfahrung des Wassers in ihren erhärteten Jahresringen speichern. Es ist heute nicht mehr gut, Neuland zu entdecken, auch nicht in nie unternommenen Reisen. Der Fluss hinter dem Auwald meänderte in keine Richtung und er sucht einen Standplatz, um das beruhigte Wasser an sich vorüberfließen zu lassen. Und während er bewegungslos dasteht, zieht die Zeit weiter im synchronen Fließen des Flusses. Er altert nicht, er steht still im Fluss der Zeit. Die Zeit altert und wird immer mehr, immer tiefer wird der Fluss, bis auch er stillsteht.
Und seine Tiefe ist unermesslich. Reminiszenzen des verbotenen Rückblicks lassen ihn zur Salzsäule erstarren. Und Atlas trägt das Gewicht der Welt, könnte es doch ebenso gut von einer Säule getragen werden.
Und der Anachoret auf der Säule wartet immernoch auf die Zerebralverschiebung der Erde.
Und er wurzelt in der ersten Reihe der Erlenbestände und Weiden am Anfang des Auwaldes, bis die Förster kamen. Er verstand das alles nicht. Sie riefen:
„Wir sind die Köhler mit der Axt in der Hand.“
Er war stehengeblieben in der alternden, eilenden Zeit. Doch sie sind gehengeblieben. Beschleunigung, als ihr einziger Stabilitätsfaktor.
Er war bereits perinatal Fischer, schon lange bevor es Förster gab.
Flüstere nur unbekannte Dinge, Unbenanntes, wie nie Gehörtes, wie Bücher die nicht mehr gelesen werden.
Und er sang das Zufriedenheitslied: „Li-rum, La-rum, Löf-fel-stiel, Alles in Allem, es war nicht viel.“
Und eine männliche Drohne weidete im Gras der Wiese, sie wurde leider zu früh geboren, als Opfer der Notwendigkeit. So warte noch ein Bisschen, im mekoniumtrüben Fruchtwasser, denn es ist noch zu früh am Tage.
Und jeder Baum hat seinen Förster.
Und in glasigen Nächten leuchten ihre Fackeln am Ufer der Zeit.
Sie gingen in Reihen,
niemals einzeln,
niemals einsam,
in zielloser Benommenheit.
Sie gingen in Reihen und murmelten.
Sie gruben Löcher in die Erde, damit es werde.
Wehe,
wehe,
denn ich sehe euch fallen, wie die Bäume im Walde.

Komm zieh deine Schuhe aus und bleibe stehn, im Schatten deiner Bäume, in absoluter Geborgenheit, der Sackgasse vollzogener Natalität. Und hier in deiner Ungeborenheit, forderst du den Rücktritt der Menschheit.

Und du schweigst.
Und du schweigst immer.
Dein Schweigen wurde fehlgedeutet.