Leiblichkeit, ist das, was uns vielmehr vereinzelt als eint. Deswegen ist das Gesetz und der Staat auch das unpersönlichste, da es Allgemeinheit erhebt. Wie ein Lebenslauf bei einem Bewerbungsgespräch zu den reinen Formalitäten gehört, so ist für viele Menschen ihr Leben auch nichts weiter als eine reine Formsache. Dabei beinhalten Lebensläufe oft die lustige Tatsache, dass jede Lebensstation als Kausalbeziehung schlussendlich Sinn ergeben muss. Welche Entscheidungen man schlussendlich trifft, ist nicht so wichtig und wenn überhaupt, nur schwer nach ihrer Sinnhaftigkeit hin zu bewerten. Ein Charakter erschließt sich aus dem Lebenslauf anhand einer sich wiederholenden Handlungsdisposition. Der Lebenslauf als Formalität ergibt bereits schon für sich Sinn, wenn man ihn durchliest. Selbst wenn darunter Entscheidungen liegen die vielleicht unvernünftig erscheinen, ergeben sie innerhalb des gesamten Lebenslaufs Sinn und erscheinen nicht mal als auffällig oder merkwürdig. So kann die Vernunft ein Lebensprinzip sein, die Unvernunft jedoch auch. Die Vielheit der Lebensläufe, der Entscheidungen und Handlungen diffundiert gewissermaßen zu jenem Rauschen, zu jener Entropie, die man Weltgeschichte nennt. Und so lassen sich alle Lebensläufe lesen, nach dem Prinzip des unzureichenden Grundes, die in ihrer Vollzähligkeit betrachtet, nicht allzu gravierende Unterschiede kennen. Einzelne Ereignisse im Leben, welche ähnliche Eigenschaften haben, werden austauschbar, sind symmetrisch. Und dennoch vermag man die einzelnen Lebensstationen im Lebenslauf durch Kausalzusammenhänge zu referenzieren, wird manchen Entscheidungen und Handlungen aber dadurch nicht gerecht und verfällt dem Irrtum, dass Kausalzusammenhänge immer räumlich und zeitlich beieinander liegen müssen. Dabei ist das Handeln aus welchen Beweggründen auch immer vorerst immer unzureichend, im Nachhinein jedoch immer sinnvoll. Kontrafaktuale Konditionalsätze bewegen uns in die pragmatische Handlungsunfähigkeit, Gedanken welche Konsequenzen es mit sich gebracht hätte, wenn man zu einem früheren Zeitpunkt im Leben anders gehandelt hätte, sind Referenzlos. Aus praktischer Hinsicht könnte man nichts mehr daran ändern. Die Moral wird zu einer Moral des nächsten Schrittes, da Urteilsbildung im nachhinein gewöhnlich leicht fällt und richtig erscheint. Das ist die fatale Folge einer unverzeihlichen Zeit, für die unverzeihliche Praxis des Menschen. Oder die Erkenntnis des fehlenden Lernerfolgs in der Zeitgeschichte. Das Abwiegen der verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten fällt schwer, in einer Zeit, in der der Mensch zunehmend ein Enterbter seiner Kultur wird, der gesellschaftlich keinen befriedigende Verbindlichkeit zu finden scheint. Entscheidungen und Handlungen diffundieren in die Weltgeschichte, geistiges Klarsein wird getrübt durch die ungewisse Trunkenheit dessen, was sie Positivismus nannten. In seinem Rausche kritisieren sie die Moral und Lebensregeln, treiben Politik und machen Gesetze. Was aus diesem Zusammenstoß unterschiedlicher Lehrmeinungen und Maulheldentümer übrig bleibt, ist nur die Ungewissheit aller und der Schmerz darüber, dass es keine Gewissheit gibt. - Buridans Esel, der verhungert, weil er sich nicht entscheiden kann, welchen der Heuhaufen er zuerst fressen will.

Alles was dem Logozentrismus widerspricht, wird zu antiwissenschaftlichen Rührsehligkeiten, jegliche emotionale Anteilname, als Dünnromantik beschimpft. So vermag das Arbeiten als wesentliche Ausfüllung des Lebens durchaus dem geradlinigen Denken des Wirtschaftstüchtigen genüge leisten, für manche, die vielleicht mehr erwarten als ein Nullsummenspiel, jedoch eine Verlegenheit bedeuten. Arbeiten als Ausfüllung des ansonsten leeren Platzes, die Angst vor der Langeweile – für manche eine unerträgliche Vorstellung- für andere eine idyllische Zeremonie von Wiederholungen. Doch ist gerade die Langeweile, jener Begriff für Unbemerkenswertes und Hinfälliges in seiner Passivität wesentlich harmloser und gleich gültiger als die Charaktereigenschaft eines Reaktionärs. Politisch werden heißt reaktionär werden. Der manische Trieb des Futurs, der Logozentrismus als Endzweck allgültiger Weisheit, ist schlussendlich auch ein Letztbegründungswahn des Lebens. Das Suchen nach Endzwecken und Zielen, das teleologische Streben nach Sinn und Bedeutung, der Vervollkommenungsdrang, kommt einem Zielfernrohr gleich, das nach seinem Ziele sucht. Manche besitzen jedoch die Gabe, ihre unzufriedene Lebenslage ähnlich zu bewältigen, wie wenn man sich bei unruhigem Schlaf im Bett einfach umdreht.