Reminiszenzen III (Weltfremdheit)
Das Gefühl von Geborgenheit und Liebe ist mit deinem ewigen Landstreichertum unvereinbarlich. Das Gefühl von Heimat wurde dir von ihnen genommen, waren sie es doch die, die dir deine eigene Heimat unerträglich machten. Und doch sollten gerade diese Lehrer und Dogmatiker für deine Heimat begeistern, einen gesunden Patriotismus voranschreiten. Die Ungebundenheit an einen geographischen Ort bzw. an einem Umfeld scheint sekundär entrückt zu sein, die Fähigkeit zu Lieben, die beste Voraussetzung um enttäuscht zu werden. Heimat nur ein Begriff der sich aus kindlicher Perspektive, nur aus kindlicher Weltvergnügdheit integer erklären lassen kann. Ansonsten nichts als eine geographische Singularität, die sich denen anbietet, die nichts zu lokalisieren haben. Wenn Heimat als ein leeres Wort keine emotionale Aufrichtigkeit mit sich bringt, so kann sie höchstens kitschig oder nolstalgisch, historisch verklärt sein. Die Heimatsuchenden, sind gerade diejenigen die sich nach der Ferne sehnen. Die Suche danach wird paradoxer weise ins Gegenteil verkehrt und zu einer Odyssee. Heimatsuchen beinhaltet schon per se das Suchen als translokutionärer Akt, als abschweifen in die Ferne. So drückt Heimweh und Fernweh nahezu das gleiche aus: Deplaciertheit. Heimweh und Fernweh fallen emotional zusammen, nur die Richtung kann dabei jede erdenkliche sein. So leidet man an dem allgemeinsten Symptom, der Deplaciertheit, eine Diaspora in alle Richtungen, nur wohin weiß meistens niemand so genau. Eine Denunziation der Gesellschaft, bzw. das Fehlen einer Affinität zur Gesellschaft beinhaltet somit die Tendenz, seine Existenz in einer anderen Umgebung zu lokalisieren: Der Exodus beginnt.
Die schwerste Forderung des Eremiten eben gerade nur sich selbst Rechenschaft ablegen zu müssen. Die Einsamkeit des sich selbst Rechtfertigens, die umso penetranter, kollektivistisch sinnlos erscheint, und individuell umso lächerlicher. Heimat ein materieller Begriff der Liebenden, nach dem sich die Einsamen sehnen.
Eine Angleichung an das tägliche Leben, kommt Synkopen gleich, nie einer Homöostase von Ruhe und Beständigkeit, einer Intermittenz von absoluter apathischer Gleichgültigkeit. Und dennoch sehnst du dich nach einem Gefühl der Geborgenheit, dass du nur vom Reden und von früher her kennst. Eine Ummantelung, jemanden der dich nur im Arme hält ohne zu sprechen. Eine Madonna, die dich mit ihrem langen Seidenmantel umhüllt und wärmt, eine schützende Sphäre. Wie lange wirst du denn ohne diese Geborgenheit verweilen, wie kalt muss dein einsames Herz erst werden? Geborgenheit und Heimat sind zwei Begriffe die nahe beieinander liegen, jedoch auch gleichzeitig Antipoden sein können.In diesem Fall ein Widerspruch. Gerade im Winter tritt wortwörtlichst die wahre Begebenheit der Welt in den Vordergrund: Frost und Kälte. In allen Bereichen des Lebens betrachten dich viele immer als einen Fremden oder zumindest als Eindringling. Du bezweifelst nicht, dass diese Art dir entgegenzukommen, wann immer du auf andere triffst, zum Großteil und auf obskurer Weise mit deinem eigenen Verhalten zu tun hat. Vielleicht bist du im Umgang mit anderen derart kühl, dass du andere veranlasst, ohne zu wollen über deine Gefühlskälte nachzudenken. Wie dem auch sei der Eindruck der dir dabei Zuteil wird, bzw. die Absicht dein Verhalten deinem Gegenüber adäquat anzugleichen, scheint befremdlich und misstrauisch zu wirken. Wie dem auch sei es befremdet dich.